Dieser Beitrag entstand nach Inspiration durch das Symposium der DZBF 2012, Prof. Dr. Julius Kuhl, Universität Osnabrück, Differentielle Psychologie und Persönlichkeitsforschung und Wilfried Beckwermert, Mental- und Emotionaltraining, ECHA- Diplom.

Wovon hängt es ab, ob aus der Begabung auch gezeigte Leistung erwächst? Warum zeigen manche Kinder so wenig Leistungsbereitschaft, obwohl sie doch das Rüstzeug dafür hätten? Diese oder ähnliche Fragen stellen sich häufig Eltern oder Lehrer von hochbegabten Schülern.

Herr Beckwermert definiert die Ursache des Underachievement so:

Underachievement ist meistens keine Absicht, sondern oft ein Mangel an Vertrauen oder ein Mangel an Techniken, um selbst die bestehende Situation verändern zu können.

Professor Kuhl beschrieb in seinem Vortrag, dass Begabung dann zu Leistung werden kann, wenn die Selbstkompetenzen des Kindes entsprechend ausgebildet sind. Zu Selbstkompetenzen zählt er:

  • Selbstberuhigung
  • Lernstrategien
  • Selbstmotivation
  • Selbstorganisation.

Diese Selbstkompetenzen kann das Kind dann gut ausbilden, wenn es sich sicher und geborgen fühlt. Geborgen kann sich das Kind fühlen, wenn es in seinem Selbst gestärkt wird. Um das Selbst zu verstehen, muss die Arbeitsweise des Gehirns verstanden werden. Die beiden Gehirnhälften arbeiten sehr unterschiedlich und ergänzen sich in ihrer Funktion. Professor Kuhl unterscheidet zwischen dem analytischem Denken ( Ich / linke Gehirnhälfte) und dem emotionalen Denken ( Selbst / rechte Gehirnhälfte).

Das analytische Denken umfasst:

  •  Speichern von speziellen Informationen ohne Vernetzung (Fakten – Wissen)
  •  bewusstes Verknüpfen durch Lernen Schritt für Schritt
  •  Kontrollbedürfnis
  •  Schwarz- Weiß// Entweder- Oder// Alles oder Nichts- Denkweise
  •  sachlich und völlig unabhängig von Emotionen
  •  Sprache



Das emotionale Denken umfasst:

  • positive Gesamtbilanz
  • Beziehung eingehen, sich angenommen fühlen
  • Netzwerk von Gefühlen, Erfahrungen, Bedürfnissen
  • Angstbewältigung und emotionale Steuerung
  • parallele Intelligenz( alles ist miteinander verbunden)
  • nicht kontrollierbar
  • unbewusst
  • Freiheit, Selbstbestimmung
  • integratives Denken: positive und negative Seite wird beleuchtet. Dafür ist ein gewisser Grad an persönlicher Reife notwendig


Nur wenn also das emotionale Selbst ausreichend entwickelt ist, ist das intellektuelle Ich fähig, optimale Leistung zu erbringen. Gerade bei hochbegabten Kindern überwiegt aber häufig das intellektuelle Ich. Sie brauchen besonders viel Unterstützung, um Zugang zu ihrem emotionalem Selbst zu bekommen. Um das zu erreichen ist besondere Beziehungsarbeit nötig. Meist überwiegen aber aus den bisherigen Schulerfahrungen die Sorgen, sowohl bei den Bezugspersonen wie auch beim Kind. Die Leistungsorientierung der Bezugspersonen und somit auch des Kindes sollte sich von einer sorgenvollen in eine liebevolle verwandeln.

Ergebnisorientiertheit erregt das analytische Denken, so z.B. schon der Satz: „Hast Du Deine Hausaufgaben gemacht?“
Ist das emotionale Selbst nicht ausreichend gestärkt, wird ein Teufelskreis ausgelöst:
Ergebnisorientiertes Denken – Kind fühlt sich unter Druck – Kind verliert in dem Moment den Zugang zum emotionalen Denken – Leistungserbringung klappt nicht – die Hausaufgaben werden nicht gemacht – Eltern machen sich Sorgen – weiterhin ergebnisorientiertes Denken

Ein Kind hat das laut Prof Kuhl folgendermaßen zusammengefasst:
“ Wenn ich unter Druck stehe, fühle ich gar nicht so richtig, was ich will.“

Beziehungsunsicherheit zeigt sich in Anspannung, Vermeiden des Blickkontakts, verdeckt feindseliger Affektausdruck, Kontaktabbrüchen. Beziehungsunsicherheit führt letztlich zu Minderleistung. Liebevolle Leistungsorientierung ist die Begleitung des Kindes. Ermutigung, Interesse zeigen für die Themen des Kindes, spontane Freude teilen, Beruhigung. Das Kind fühlt sich verstanden und gestärkt. Daraus entwickelt sich positive Lernorientierung des Kindes. Es bekommt einen emotionalen Zugang zu seinem Selbst.

Leistungsvermögen wird positiv durch Leistungsfreude beeinflusst und negativ durch zu viel Disziplin. Herr Beckwermert sagt dazu: Nur wer lernen WILL, KANN auch lernen! Meist ist es ein langer Weg heraus aus der Leistungsverweigerung. Die Begleitung des Kindes sollte aus BERUHIGEN UND MUTMACHEN IN LIEBEVOLLER BEZIEHUNG bestehen. Das Kind sollte sich in seinen Emotionen VERSTANDEN FÜHLEN. Manchmal brauchen die Kinder auch therapeutische Unterstützung auf ihrem Weg zurück zu ihren Selbstkompetenzen und in die Leistungsbereitschaft.